Zwei Nachträge zu meinem letzten Post

Zur Interpretation der in meinem letzten Post dargestellten Daten möchte ich hier noch zwei Hinweise nachliefern. In meinem letzten Beitrag habe ich allerhand Infektionswellen dargestellt und etwas salopp darauf hingewiesen, dass man in diesen keinen (deutlichen) Effekt des Wegfalls der Maskenpflicht sieht.

1. Ich hätte noch genauer beschreiben können, wo man einen solchen Effekt eventuell doch sieht. Konkret war es in den Niederlanden und in der Schweiz so, dass auf einen Wegfall der Maskenpflicht sowie von 3G-Beschränkungen kurze Zeit später die Zahl der Coronafälle nach vorherigem Rückgang wieder nach oben schnellte. Möglicherweise hängt das mit der Rücknahme von Restriktionen zusammen. Da der Effekt aber nicht überall auftrat und sich zudem auch in diesen Ländern nicht wiederholte, als später die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln aufgehoben wurde, halte ich das für unwahrscheinlich. Vor allem aber haben die Länder, in denen die Aufhebung der Maskenpflicht vermeintlich einen Anstieg der Fallzahlen bewirkt hat, die Lockerungen in der zweiten Februarhälfte umgesetzt (Schweiz 17.2., Niederlande 25.2.). Ende Februar, Anfang März sind auch in Deutschland die Infektionen wieder angestiegen ohne dass sich an der Maskenpflicht hierzulande etwas geändert hätte. Das entspricht der Entwicklung seit Beginn der Pandemie: Die Wellen türmen sich auf und brechen weitgehend ungeachtet der lokalen Politik, und vor Ländergrenzen haben sie dabei noch nie halt gemacht. Ausnahmen sind Inselstaaten mit einem sehr strengen Quarantäneregime wie Neuseeland, das jedoch mittlerweile ebenfalls Maßnahmen gelockert hat und seit März durchgehend höhere Inzidenzen hat als Deutschland.

2. Inzidenzen sind nur begrenzt international vergleichbar. Sie sind stark davon abhängig, wie viel in einem Land getestet wird. In Deutschland, wo monatelang 3G- und 2G-Regeln galten und alle Schulkinder regelmäßig getestet wurden, wurden laut „Our World in Data“ bisher 376.000 bestätigte Coronafälle pro Million Einwohner gemeldet. Es ist anzunehmen, dass die Dunkelziffer auch in Deutschland wesentlich höher liegt. Vor allem ist aber anzunehmen, dass in Ländern, in denen weniger verdachtlose Tests durchgeführt wurden, auch weniger Infektionen aufgespürt wurden. Allein deshalb lassen sich Inzidenzen zwischen verschiedenen Ländern kaum vergleichen. Das einzige Maß, mit dem man verschiedene Länder sinnvoll vergleichen kann, ist meines Erachtens die Gesamtsterblichkeit – denn ob jemand tot oder lebendig ist, wird zumindest in Europa in der Regel durchaus länderübergreifend sauber erfasst. Innerhalb eines Landes, denke ich jedoch schon, dass Zeitreihen zur Inzidenz eine gewisse Aussagekraft haben, insofern davon auszugehen ist, dass sich das Testregime nicht stark verändert hat. Und das ist der Knackpunkt an meinem Vergleich zwischen den Ländern mit „Hotspot-Regel“ (Hamburg und MV) und denen ohne. Die Hotspot-Regel beinhaltete auch bestimmte 2G- und 3G-Beschränkungen, könnte also dazu geführt haben, dass in diesen beiden Ländern mehr getestet wurde. Dass man keinen Anstieg der Fallzahlen nach Wegfall der Maskenpflicht gesehen hat, könnte also theoretisch auch daran gelegen haben, dass weniger getestet wurde. Leider gibt es meines Wissens keine zuverlässige Statistik zur Gesamtzahl aller durchgeführten Coronatests. Das RKI veröffentlicht jedoch zweiwöchentlich die Teststatistiken einer nicht-repräsentativen Stichprobe von über 250 Laboren (Link). Zumindest in dieser Stichprobe haben sich die Testzahlen in den „Hotspot“-Ländern nicht anders entwickelt als in den anderen Ländern. Die Quote positiver Tests ist in beiden Kategorien sogar gesunken, was eher nicht darauf hindeutet, dass plötzlich viele Infektionen unerkannt blieben:

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